Condorcet und die Idee Fortschritts

Zusammenfassung von 
Esquisse d'un Tableau Historique des Progrès de l'Esprit Humain


Jonathan Arriola













    Der Text Entwurf einer historischen Darstellung des Fortschrittes des menschlichen Geistes (1794) wurde von dem französischen Philosophen Marquis de Condorcet geschrieben, der als einer der wichtigsten Denker der Aufklärung betrachtet wird. Während der Französischen Revolution war Condorcet ein girondiner Abgeordneter und später Sekretär der Nationalversammlung. Zu der Zeit, als er den Entwurf schrieb, wurde er von Robespierre verfolgt und deshalb handelt es sich um einen Entwurf (Esquisse), nämlich, einen ziemlich einfachen Text, der allerdings sofort nach dem Tod Condorcets sehr berühmt sein wird. Der Entwurf ist zweifellos die repräsentativste und systematischste Darstellung der Ideen des Fortschritts der Aufklärung und ihres Optimismus. Darin argumentiert der französische Philosoph, dass die geschichtliche Entwicklung der Menschen von Gesetzen regiert wird, die von der Vernunft ableitbar sein können, ähnlich wie in den anderen Wissenschaften. Mit dieser Notion legt Condorcet tatsächlich die Grundlage für die „soziologische Ansicht“, die später zum Beispiel Saint-Simon und Comte entwickeln werden.

               Das Gesetz, das Condorcet ankündigte, gefunden zu haben, ist das Verhältnis zwischen dem materiellen, wissenschaftlichen und dem moralischen Fortschritt. Er spricht von der Existenz einer „unauflösbaren Kette“ zwischen der Industrie, der Wissenschaft und den Menschenrechten. Dieser Fortschritt wird Condorcet zufolge ermöglicht dank der Entwicklung der Erkenntnis. Je mehr Erkenntnisse der Mensch erhält, desto weniger Raum gibt für den Aberglauben und den religiösen Fanatismus, welche die Menschen für lange Jahrhunderte in einem barbarischen Zustand gehalten haben. Mit der Entwicklung der Philosophie und der Wissenschaft entdeckt der Mensch gleichzeitig die Idee von „Menschenrechten“, die aus seiner Vernunft geboren werden und die Freiheit und Gleichheit zwischen Individuen und Nationen der Welt verlangen.

Condorcet teilt die Entwicklung der menschlichen Geschichte in zehn evolutive Phasen, die den progressiven Fortschritt des Geistes beweisen. Sie beginnt mit der Entdeckung der Viehzucht und der Agrikultur und fährt mit der Erfindung der Buchstabenschrift und des Druckes fort bis hin zu der modernen Philosophie und Wissenschaft. Obwohl Condorcet anerkennt, dass es auch Momente von langen Rückschritten geben kann (wie zum Beispiel im Mittelalter), glaubt er, dass sich der Mensch im allgemeinen nach dem Fortschritt richtet. Die zehnte Etappe, der er sich in dem zehnten Kapitel des Buches widmet, ist diejenige, die mit der Französischen Revolution eröffnet wurde.

Diese Revolution repräsentiert für Condorcet den politischen Höhepunkt der Entstehung der modernen Wissenschaft und des Kampfes zwischen den Philosophen und der Religion, welche die alte unterdrückende politische Ordnung rechtfertige. In dieser Epoche befreie sich der Mensch endlich von der Macht der religiösen Autoritäten, die politische Tyrannei, Ignoranz, Ungleichheit und Intoleranz unterstützt hätten und er substituiert sie mit einer säkularen Weltanschauung und der Idee der Menschenrechte.

Condorcet zufolge erwartet den Menschen von dieser Etappe aus ein unbegrenzter Fortschritt. Durch die wissenschaftlichen Erkenntnisse wird der Mensch in der Lage sein, die Welt und seine eigene Natur besser zu verstehen und auf dieser Basis neue und bessere politische, wirtschaftliche und moralische Institutionen zu begründen. In diesem Sinne spielt die Bildung eine bedeutende Rolle für den zukünftigen Fortschritts des Menschen. Die Bildung soll laut dem Autor uns über unsere eigene Natur und Rechte unterrichten, und auch darin, wie die Vorurteile zu überwinden sind und man sich der Vernunft richtig bedient. In der neuen modernen Gesellschaft, die mit der Französischen Revolution begonnen hat, muss alles in Frage gestellt werden, da genau darin die Möglichkeit des unbegrenzten Vorankommens des Menschen besteht.

In der Tat könnte man argumentieren, dass Condorcet den Fortschritt auf zwei Weisen versteht: erstens als eine Distanzierung von einer barbarischen Vergangenheit, wo Aberglaube, Fanatismus, Ignoranz und Ungleichheit herrschten oder zweitens als die Konkretisierung eines Projektes, das sich langsam aber stetig in der Zukunft entwickeln wird. Der allgemeine Sinn des Fortschritts, ist es laut Condorcet, die Ungleichheit innerhalb der Nationen und zwischen den Nationen zu reduzieren. Nur wenn es eine wirkliche Gleichheit in der Welt gebe, wäre der Mensch glücklich. Diese Ungleichheit umfasst sowohl die politische und wirtschaftliche als auch die soziale. Deshalb verurteilte er im zehnten Kapitel den europäischen Imperialismus und hoffte, dass das revolutionäre Beispiel Frankreichs und Nordamerikas andere Nationen inspirieren würden. In derselben Richtung plädierte er für die Abschaffung der Sklaverei und die Gleichsetzung von Frauen und Männern.

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